Politikcamp für Hochbegabte in Murrhardt

Politik- und Matheunterricht am langen Wochenende – freiwillig

5 Tage Lernen, Diskutieren und Zusammensein gehen für hochbegabte Kinder und Jugendliche am Sonntag in der Jugendherberge in Murrhardt zu Ende. Seit 2013 findet am Himmelfahrtswochenende ein Politik-Camp statt, bei dem sich 13-16 jährige Schülerinnen und Schüler aus ganz Baden-Württemberg täglich 5 Stunden unter der Anleitung von Lehrkräften vertiefend mit politischen Inhalten beschäftigen, die deutlich über das Niveau des aktuellen Bildungsplans der jeweiligen Klassenstufen hinausgehen. Ganz nebenbei werden auch soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit gefördert.  

Ein Angebot mit langer Tradition

Angefangen hat es 2001 mit dem Mathe-Camp für 8-12 Jährige, bei dem hochbegabte Kinder an 4 Tagen Matheunterricht erhalten, bei dem sie sich weder langweilen noch zurückstellen müssen, bei Mathe-Lehrern, die sie ernst nehmen. Als die ersten Mathe-Kids dem Camp „entwuchsen“, stand die dringende Bitte im Raum, auch für Ältere etwas Vergleichbares anzubieten. So entstand die Idee des Politik-Camps… Mittlerweile nehmen jährlich insgesamt etwa 30 Kinder an den beiden Camps teil. Voraussetzung ist die Mitgliedschaft im Landesverband Hochbegabung Baden-Württemberg e. V. sowie ein Motivationsschreiben, in dem sich die Kinder neben ihren Interessen und persönlichen Stärken nicht selten auch die Unterforderung sowie das Fehlen von Gleichgesinnten im Schulalltag ansprechen.

Der Unterricht – wie Schule, nur viel besser

Drei Lehrer, die im echten Leben an Stuttgarter Gymnasien Mathematik und Gemeinschaftskunde unterrichten, fahren jeden Tag nach Murrhardt, um in der idyllisch liegenden Jugendherberge in ihrer Freizeit hochbegabte Kinder und Jugendliche zu unterrichten. Wenn man 5 Minuten nach Stundenbeginn in den Raum schaut, sieht man Kinder, die in ihre Aufgaben vertieft auf ihr Heft schauen oder angeregt diskutieren. „Was ich hier über Hochbegabte gelernt habe, ist vor allem, dass sie neben ihren kognitiven Fähigkeiten über eine außergewöhnliche intrinsische Motivation verfügen, die ihnen überhaupt erst ermöglicht, ihre Fähigkeiten zu nutzen“, konstatiert der junge Gemeinschaftskundelehrer Robin H., der dieses Jahr den Politikunterricht zum zweiten Mal übernahm.

Demokratiebildung in Krisenzeiten

Das Thema ist diesmal ein hochaktuelles: Demokratie. Diskutiert wird über Staatstheorien und Herrschaftssysteme, auf einem Niveau, das eher dem der Kursstufe entspricht. Dabei ist der jüngste Teilnehmer gerade mal 12 Jahre alt. Die letzte Aufgabe: eine Partei zu gründen. Nachdem sich die Gruppe mit den Modalitäten einer Parteigründung in der Theorie auseinandergesetzt hat, wird lange beratschlagt, bis Name, Ziele und Parteiprogramm festgelegt und die Vorstandsposten verteilt werden. Das Ergebnis lässt sich sehen: „Freie Sozialliberalen“ heißt die imaginäre Partei und würde sich für soziale Gerechtigkeit, liberale und demokratische Werte einsetzen. In Zeiten von Populismus und Extremismus ist es ermutigend, junge Menschen so zu erleben.

Die Betreuung übernehmen Student*innen; die meisten von ihnen haben in ihrer Jugend selbst am Camp teilgenommen: Sie planen das Rahmenprogramm, haben ein offenes Ohr für alle und setzen sich auch mal dazu, wenn über die juristischen Fragen der Parteigründung diskutiert oder am Abend eine Runde „Magic“ gespielt wird.

Nach dem Camp ist vor dem Camp

Am Ende steht fest, dass nächstes Jahr alle wieder dabei sein werden. Bis dahin bleiben die Jugendlichen im Kontakt – und ein Teilnehmer lässt dem LVH-Vorstand folgende Bitte ausrichten: „Es sind noch viele Fragen offengeblieben: Wir brauchen nächstes Jahr unbedingt paar Stunden mehr für den Unterricht…“

Das nächste Politik-Camp findet 28.05.2025-01.06.2025 in der Jugendherberge Murrhardt statt. Weitere Informationen unter mathepolitikcamp@lvh-bw.de.

Der Anmeldezeitraum beginnt am 09.01.2025 und wird über die LVH-Homepage bekanntgegeben.

2e-kids-Studie in Ulm gestartet

Pressemitteilung vom 15.02.2024

Stuttgart. Vor wenigen Wochen startete eine neue Studie zu Underachievement bei intellektueller Hochbegabung an der Universität Ulm. Das Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Iris-Tatjana Kolassa will mit der Studie ein besseres Verständnis der Ursachen von Minderleistung erreichen.

Schwache Schulleistung trotz hohen Potenzials

Der Landesverband Hochbegabung Baden-Württemberg e. V. begrüßt die Studie als wichtigen Schritt in der Intelligenzforschung.  LVH-Vorsitzende Tímea Ircsik kommentiert: „Für zahlreiche Familien mit hochbegabten Kindern, die ihr Potenzial nicht entfalten können, bedeutet die Studie eine Antwort auf ihre Fragen und eröffnet möglicherweise neue Handlungsfelder.“ Untersuchungen zeigen, dass etwa 15 % aller Hochbegabten nur mäßige oder schwache Schulleistungen erbringen. Die Gründe sind vielfältig; mit Hilfe der Studie erhofft man sich, systematische Auffälligkeiten aufzudecken und näher zu beleuchten.

Erkenntnisse sollen die Entwicklung geeigneter Fördermaßnahmen bewirken

Ircsik ergänzt: „Die Anregung zu wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Hochbegabtenförderung ist ein Vereinsziel des LVH, das bereits bei der Gründung 1998 in der Satzung verankert wurde.“ Die Studie wird durch den LVH gefördert; die Ergebnisse der Studie kommen allen Kindern und Jugendlichen zu Gute, die sich in der Schule trotz hoher Intelligenz schwertun oder sogar versagen. Viele verzweifelte Eltern suchen beim Landesverband Hochbegabung Unterstützung: „Wir können Ihnen jetzt Mut machen“, so Ircsik.

Gesucht werden für die Untersuchung hochbegabte Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren!

Für Anmeldung und für weitere Informationen kontaktieren Sie das Team per E-Mail: 2e-kids@uni-ulm.de .

https://www.uni-ulm.de/in/psy-kbio/forschung/laufende-projekte/2e-kids/

https://www.fachportal-hochbegabung.de/fragen/underachievement-was-ist-das

https://www.fachportal-hochbegabung.de/oid/10048

https://www.fachportal-hochbegabung.de/oid/10135

Mathe- und Politikcamp 2023 in der Jugendherberge Murrhardt

Wer die schmale, kaum sichtbare Einfahrt zur Jugendherberge Murrhardt nimmt, um Kind oder Kinder mittwochs zum Mathe- und Politikcamp zu bringen, staunt über die Idylle, die sich dahinter auftut: eine bullerbüartige Hausfassade, umgeben von sattem Grün, davor eine kleine Traube von Kindern und Erwachsenen, alle erwartungsfroh und etwas aufgeregt, aber auch noch ein bisschen verhalten.

Wer sonntags wiederkommt zum Abholen, erlebt die Kinder draußen beim Rumtoben, Schach oder Fange spielen und versteht sofort: Mein Kind hatte hier eine tolle Zeit!

Als ich am Abholtag das Haus betrete und mit den Kindern spreche, erzählen sie mir davon – 23 waren es insgesamt, 13 Mädchen, 10 Jungen, zwischen 8 und 16 Jahren alt, die kleineren mit großen Geschwistern dabei. Manche von ihnen kommen schon seit Jahren ins Camp, verabreden sich miteinander für die Teilnahme. Für Simon, 11, und Johann, 10, war es das erste Mal. „Wir haben ganz viel Werwolf gespielt, das war cool! Und draußen mit den großen Schachfiguren, und Pokemon, und eine Schnitzeljagd haben wir gemacht und Stockbrot.“ Es hat ihnen richtig gut gefallen, sagen sie. Und was war eigentlich mit Mathe? „Mathe war auch gut, viel besser als in der Schule, mit Knobelaufgaben und Spielen.“ Zwei Mathelehrer betreuen an drei Vormittagen die jüngeren Kinder, ermöglichen neue Zugänge zur Mathematik, lassen die Kinder Freude daran haben und fordern sie, wie es sonst oft nicht möglich ist. Die Nachmittage sind dann für Freizeitaktivitäten reserviert, eine kleine Wanderung zu historischen Spots in der Umgebung, Eis essen gehen, spielen.

Die Großen zwischen 14 und 16 Jahren, die am „Policamp“ teilnehmen, haben jedes Jahr ein anderes Thema, das sie gemeinschaftlich bearbeiten. Dieses Mal ging es um die Idee und Ausarbeitung eines eigenen Start-ups. Gemeinsam arbeiten die Jugendlichen an einem Business Model und lernen, wie sie einen Businessplan erstellen. Die Gruppe erzählt von ihrer Geschäftsidee. „Unsere Idee war, Schuhsohlen herzustellen, die die Schritte tracken und die Daten in eine App übertragen. Damit kann man nicht nur die eigene Bewegungsleistung einschätzen und sich mit anderen vergleichen, sondern es wäre theoretisch auch möglich, orthopädische Daten zu erfassen und ein GPS einzubauen.“ Was daran so gut war, will ich wissen. „Wir haben das alle zusammen gemacht. Das Ziel ist, gemeinsam etwas zu erreichen. Das Tolle hier ist das produktive Arbeiten an coolen, spannenden Themen mit Gleichgesinnten!“ Was sie sonst noch gemacht hätten, frage ich weiter. „Magic spielen, zum Beispiel, das war echt super. Und wir haben uns die Schnitzeljagd für die Kleinen ausgedacht.“ Die Begeisterung ist spürbar: „Wir würden alle wieder herkommen!“

Am Abend des ersten Tages hatte mein Sohn mich noch angerufen, weil er Heimweh hatte. Versuchen wollte er es dann aber doch. Als ich mich jetzt mit meinem etwas müden, aber glücklichen Kind auf den Heimweg mache, sagt er: „Ach Mama, schade, dass es schon vorbei ist! Ich will auf jeden Fall nächstes Jahr wieder dabei sein!“

Text: Andrea Böttcher

Problem Hochbegabung

In der Schwäbischen Zeitung vom 16. März 2023 beschreibt Brigitte Geiselhart die Herausforderungen für Familien mit hochbegabten Kindern.

Auch Intelligenz fördern

Etwa zwei Prozent der Kinder sind überdurchschnittlich intelligent. Für die Familien bringt das durchaus Herausforderungen mit sich, weiß auch die Elterngruppe Offenburg.

Matthias Heidinger von der Mittelbadischen Presse im Gespräch mit Tímea Ircsik (1. Vorsitzende LVH) vom 23. Februar 2023

Intelligenz ist kein Luxusproblem

Die Elterngruppen des LVH bieten Familien mit hochbegabten Kindern Kontakt, Beratung und Austausch – die Arbeit der Elterngruppe Pforzheim stellt dieser Artikel von Stefan Friedrich in der Online-Ausgabe der Badischen Neuesten Nachrichten (BNN+) aus dem Januar 2023 vor.

Nathalie, das Mädchen vom Mars

Hochbegabt, aber hochgefährdet: Das Leben der Hochbegabten ist alles andere als leicht. Ein Artikel von Melissa Schaich aus der Stuttgarter Zeitung vom 4. Januar 2023.

Hochbegabte Erwachsene im beruflichen Umfeld

Ein Artikel, mal über hochbegabte Erwachsene
(vor allem im beruflichen Umfeld).

https://www.humanresourcesmanager.de/personalmanagement/nicole-gerecht-was-brauchen-hochbegabte/

LVH-Familienwochenende im Haus Saron

Spannende Kurse, Austausch, Auszeit – im Haus Saron im Schwarzwald kommen Hochbegabte auf ihre Kosten

Das Haus Saron in Wildberg

Um 20 Uhr wird es ruhig im Haus Saron in Wildberg: Der Kurs „Geheimschriften für Fortgeschrittene“ beginnt. Der 9jährige Leon hört gebannt zu; sein Wissen geht weit über das gleichaltriger Kinder hinaus. Er ist hochbegabt und Mitglied im Landesverband Hochbegabung Baden-Württemberg e. V. Der gemeinnützige Verein mit 345 Mitgliedsfamilien bietet Eltern und Kindern die Möglichkeit zum Austausch. Zweimal im Jahr können sie an einem Familienwochenende teilnehmen.

Für Leon bringt eine „normale“ Schulwoche viele Herausforderungen. Der Unterricht wird seinem Wissensdrang nicht gerecht, er lernt kaum etwas, was er nicht schon lange weiß. Er stört oft und in seiner Klasse fühlt er sich allein. Manche Lehrkräfte haben ihm bereits ADHS „bescheinigt“: Dabei fällt es ihm nur schwer, sich für die langweiligen Inhalte zu motivieren. Hier beim Familienwochenende kann er sein, wie er ist, denn die anderen sind genauso.

Aus ganz Baden-Württemberg, darunter aus Ludwigsburg, Lörrach, Göppingen, Kehl, Herrenberg, Reutlingen und Aalen, kommen die insgesamt 15 Familien und jede bietet einen 90minütigen Kurs für die Kinder und Erwachsenen an. Das Angebot geht vom Ringen und Raufen, dem Kartenspiel Magic über die Herstellung von Waschmittel und Trinkschokolade bis zu Programmieren.

Das Kartenspiel Magic zieht alle ab 8 Jahren in den Bann

Viele der anwesenden Kinder tun sich in der Gemeinschaft schwer, nachdem die meisten von ihnen  etwa im Alter von 4 Jahren feststellen, dass sie anders sind – und diese Andersartigkeit als Mängel erleben. Bei Veranstaltungen mit anderen Hochbegabten kommen die Kinder meistens sehr gut miteinander zurecht: Sie teilen die gleichen Interessen, haben oft den gleichen schrägen Humor und verstehen sich nicht selten ohne Worte, auch über die Altersgrenzen hinaus.

Der 18-Jährige spielt Magic mit einer Elfjährigen, die 17-Jährige diskutiert mit dem Achtjährigen über das englische Kinderbuch, auf Englisch versteht sich. Eine 9-Jährige, die sich für Astronomie interessiert, erklärt einem 16-Jährigen den Abendhimmel. Und das mit einer Konzentration und Ausdauer, die sogar so manche Eltern verwundern. Nicht wenige der teilnehmenden Kinder haben neben der getesteten Hochbegabung weitere Diagnosen wie AD(H)S und sind schon lange ins Zielfeuer der Lehrkräfte geraten oder in irgendeiner Schublade verschwunden.

Viele Mitgliedskinder tanken beim Familienwochenende Kraft für die nächsten Monate, in denen sie Langeweile, Unterforderung und Alleinsein erleben werden.

Für Leons Familie endet das Wochenende mit vielen Anregungen und Tipps: Sie werden für Leon das rote Magic-Deck anschaffen und ihn beim Krypto-im-Advent anmelden, wo er sich weiter mit der Entschlüsselung von Geheimschriften beschäftigen kann. Und sie freuen sich schon auf das nächste Familienwochenende, denn ab Januar beginnt der Anmeldezeitraum für das Wochenende in Rot an der Rot – Leon wird mit seiner Familie dabei sein!

Wenn Langeweile zur Qual wird

Pressemeldung 24.09.2022

Göppingen/Bad Boll. Sie klagen in der Schule über monotones Wiederholen des Unterrichtsstoffs, ein zu langsames Lerntempo und zu leichte Aufgaben. Wird die Unterforderung und Langeweile zu groß, können diese Kinder zu Störenfrieden, emotional unausgeglichen oder gar aggressiv werden und in letzter Konsequenz den Kita- oder Schulbesuch vermeiden.